4. März 2017
Beruf und Chance – Männerquote für Ärzte
65 % aller zum Medizinstudium Zugelassenen sind Frauen. Wären die Zahlen umgekehrt, würden sie niemanden aufregen. Aber wenn in einem Zulassungsverfahren, das auf Leistung beruht, die Frauen in Führung sind, kann etwas nicht stimmen. Der Autor – ein emiritierter Professor der Medizin – überlegt folgerichtig, wie man diese Entwicklung eindämmen kann, zumal er in dem wachsenden Frauenanteil der Medizinstudierenden eine Bedrohung für die ärztliche Versorgung sieht.
Dabei muss einmal wieder die potenzielle Schwangerschaft herhalten, aber – noch schlimmer – Frauen haben offensichtlich die Tendenz, ihr Medizinstudium zu schmeißen oder nach Studienabschluss in die Familie abzuwandern. Das ist absurd, denn in der Medizin gibt es nur sehr wenige Studienabbrecher. Und dass eine Ärztin wegen ihrer Familie den Beruf aufgibt, kommt heute kaum noch vor. Eher ist zu beobachten, dass sie sich aufgrund der hart erkämpften beruflichen Position keine Familie leistet.
Das Unwort der „Feminisierung der Medizin“ geistert schon seit Jahren durch die Führungseliten der Ärzteschaft. Das lenkt davon ab, dass auch junge Ärzte nicht bereit mehr bereit sind, so viel zu arbeiten wie es früher üblich war. Die ältere Generation von Ärzten hat bei ihrer Karriere oft die zeitlichen Ressourcen ihrer Ehefrauen mit aufgebraucht. Heute muss ein junger Arzt davon ausgehen, dass seine Frau, die zum Beispiel Lehrerin oder Architektin ist, auch ihren Beruf verwirklichen möchte. Sie wird von ihrem Mann verlangen, dass er sich in gleicher Weise für die Familie einsetzt wie sie selbst. Viele Unternehmen haben inzwischen begriffen, dass man sich auf diese gesellschaftliche Wirklichkeit einstellen muss – die Medizin offenbar nicht.
Von einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis im Arztberuf sind wir im Augenblick weit entfernt, denn in der Medizin dominieren die Männer, vor allem in den Führungspositionen (s. Artikel „Studiert bloß nicht Medizin“ in derselben Ausgabe). Wenn es bei der Zulassung zum Medizinstudium das jetzige Zahlenverhältnis der Geschlechter beibehalten wird, würde sich in einem Zeitraum von 20 Jahren allenfalls ein Ausgleich einstellen.
Richtig ist, dass die Abiturnote bei der Zulassung weniger gewichtet werden sollte. Aber was soll man von den anderen Empfehlungen des Autors halten? Würde eine Frau bei einem psychologischen Test, der Empathie und Lernbereitschaft prüft, weniger gut abschneiden als ihr Kollege? Oder schafft sie ein achtmonatiges Krankenhauspraktikum nicht? Mit solchen Maßnahmen wird man wohl kaum Frauen vom Medizinstudium abhalten können. Aber warum muss man überhaupt das Geschlechterverhältnis beeinflussen? Das geschieht auch in anderen Fakultäten nicht.
Sorgen wir lieber für mehr Studienplätze und eine hochwertige Ausbildung – damit wäre allen geholfen.
Dr. med. Patricia Aden, Essen
Erste Vorsitzende Deutscher Akademikerinnenbund
Dieser Artikel wurde auch als Leserbrief an die FAZ gesendet.